Gesellschaftliche Bedürfnisse

Ich weiß, dass wir schon viele Diskussionsthemen haben. Trotzdem möchte ich gerne meine Gedanken zu einem weiteren Thema mit euch teilen. Mir helfen manchmal die Lesezeichen (unter einem Beitrag), mir zu merken, dass ich mich noch mal mit diesem oder jenem Beitrag beschäftigen wollte. Und nun zum Thema.

Gesellschaftliche Mittel

Gesellschaftliche Mittel sind solche, die nicht das Eigentum eines Menschen oder einer Institution sind, sondern quasi allen oder niemandem gehören. Unser augenblickliches Gesellschaftsmodell kennt dieses Konzept formal im Prinzip nicht, da alles irgendwem gehört. Bei uns werden gesellschaftliche Mittel schnell entstehen: Entweder durch (freiwillige) Vergesellschaftung von privaten Mitteln oder durch Commoning-Prozesse, die eben immer(!) gesellschaftliche Mittel erzeugen.

Gesellschaftliche Bedürfnisse

Menschen haben Bedürfnisse. Darauf bauen wir bisher die Software auf. Mir scheint es nun so, als hätten auch gesellschaftliche Mittel Bedürfnisse. Sie können diese natürlich nicht selbst äußern, sondern entweder tut es die Software automatisch für sie oder es gibt Menschen, die die Bedürfnisse äußern.

Beispiele könnten ein defektes Bügeleisen oder unsere Software selbst sein.

Offensichtlich gibt es also Menschen, die gesellschaftliche Mittel quasi betreuen.

Und angenommen, wir wären uns einig, dass sie Bedürfnisse haben können, wie übertragen wir dann die Diskussion über individuelle Bedürfnisse, die daraus resultierenden Tätigkeiten und den individuellen Vorteil auf diese gesellschaftlichen Bedürfnisse?

Hm, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich an deiner Fragestellung vorbei ziele, aber:

Wäre die Sache nicht damit gelöst, dass es auch möglich wäre, dass User für Gegenstände „Bedürfnisse“ angeben können? Im Sinne von: Dieser Gegenstand braucht Wartung/Reparatur/Verschleissteile, etc. Das wiederum wären ja wieder Muster und wohl lückenlos in die geplante Struktur einzufügen.

Weiter müsste Ort und Zustand angegeben werden können.

Hab ich an dir vorbeigeredet oder macht das Sinn?

Ja, genau das meine ich. Nur dass ich das auf gesellschaftliche Mittel beschränke, im Unterschied zu privaten Mitteln, die es auch geben kann.

Ich bin sehr gespannt, was @Marcus dazu meint, weil ich diesen Aspekt bisher nicht im Konzept finden kann.

Ja, spannend. Bisher wäre das ja so angelegt, dass jemand seine Kleidung geglättet haben möchte, dieses Bedürfnis mit dem Mittel Bügeleisen selbst stillen kann und, falls keine funktionierenden Bügeleisen in der Nähe sind, dafür aber ein defektes Bügeleisen, ein Tätigkeitsmuster zur Reperatur des Bügeleisens im Konfigurationsprozess vorgeschlagen werden würde. Das heißt, das Bügeleisen würde dann repariert werden, wenn es benötigt wird.

Aber im Sinne der Effizienz ist das natürlich Quatsch - niemand kann etwas mit einem kaputten Bügeleisen anfangen (außer vielleicht es ausschlachten, wenn es genügend funktionierende Bügeleisen gibt und es im besten Fall natürlich modular aufgebaut ist). Was mir als Beispiel sofort noch eingefallen ist: Ein Acker muss (soweit ich das verstehe) in regelmäßiger Verwendung sein, da er ansonsten über die Zeit unverwendbar für viele Feldfrüchte wird. An dem konkreten Mittel muss also etwas daran hängen, dass seine regelmäßige Verwendung in den Konfigurationsprozess hinein bringt.

Mein Problem mit Mitteln, die Bedürfnisse vermitteln, ist die Verselbstständigung. Die gesellschaftlichen Strukturen sollen bewusst entstehen können und bewusst verändert werden können - nichts darin soll einen dem Menschen gegenüber unabhängigen Charakter haben. Ich finde das ganz wichtig für unser Vorhaben. Und mit Mitteln, die Bedürfnisse vermitteln, haben wir einen ersten Schritt in diese Richtung.

Deswegen finde ich diesen Vorschlag auch gut:

Da muss jemand sein, der/die sagt, dass etwas getan werden muss oder kann (das Bügeleisen reparieren). Oder, dass ein Mittel regelmäßig gewartet bzw. verwendet werden muss (der Acker oder eine Maschine). Das aber - und hier kommen wir schon wieder in die Trava hinein - muss unabhängig von der Angabe individueller Bedürfnisse sein und auch nicht die eigene Trava aufbrauchen (wenn wir uns darauf einigen, dass so etwas passiert). Wenn die Bedürfnisse gesellschaftlicher Mittel kein Bedürfnisgewicht haben, ist die Frage, wie es ansonsten gewichtet wird.

Was es ja gibt und im fünften Teil der Textreihe Thema wird, ist die Projektgewichtung (eine erste Andeutung ist z.B. auch in der größeren Grafik zum Umverteilungsprozess). Dabei geht es darum zu sagen, was ich gerne hätte, aber mich nicht nur alleine betrifft (zum Beispiel der Bau eine Spielplatzes in der Nachbarschaft). In meiner bisherigen Vorstellung geschieht das über einen festgelegten Mindest-Anteil bei der eigenen Trava - vielleicht lässt sich das so oder so ähnlich auch auf die Bedürfnisse gesellschaftlicher Mittel übertragen (bzw. einfach in dieses Projekt-Ding integrieren: Projekt zur Instandhaltung gesellschaftlicher Mittel)

So habe ich das auch bisher gedacht. Als ich dann konkret werden wollte, konnte ich kein Muster konstruieren: So lange ich nur weiß, dass es kaputt ist, aber nicht was kaputt ist, kann ich kein Reparaturmuster angeben (weil ich beispielsweise die Bedarfe gar nicht benennen kann). Es würde aus der Sicht also auch reichen für Mittel zu spezifizieren, welche konkreten Muster sie in einen anderen Zustand versetzen können. Das muss aber ein Mensch machen.

Ja, das finde ich auch die beste Lösung. In einem Projekt, welches ich mal besucht habe, heißen diese Menschen „Kümmerer“.

Ja, wenn wir uns ansonsten einig sind, dass es solche Bedürfnisse geben kann, dann bleibt diese Frage. Da wir dafür aber nicht mal für die individuellen Bedürfnisse eine Lösung haben, fände ich es auch passend, diese Diskussion noch etwas zu schieben (bzw. dabei im Hinterkopf zu behalten).

Den Satz verstehe ich nicht: „Es würde aus der Sicht also auch reichen für Mittel zu spezifizieren, welche konkreten Muster sie in einen anderen Zustand versetzen können.“

Aber der Fall ist wirklich spannend. Zuerst haben wir ja den Fall, dass es kein spezifisches Muster dafür gibt bzw. einfach unbekannt ist, welches spezifische Muster benötigt wird. Es braucht also die ausgeführteTätigkeit der Problemanalyse, bevor herausgestellt werden kann, welches Muster als nächstes folgt.

Das würde ich jetzt als Sonderfall im Fall von Reperatur bezeichnen. Vielleicht finden wir ja im Laufe der Zeit noch mehr solcher besonderen Muster und können sie an gegebener Stelle sammeln. (die Musterdefinitionen sind bisher übrigens für den siebten Teil der Textreihe geplant - … ich veröffentliche die Tage mal eine Übersicht, was wann kommen soll. Wir haben auf jeden Fall noch etwas Zeit zu sammeln :wink: )

Klar, wir arbeiten nicht mit „Berufen“ etc., aber so etwas kann ja in die allgemeine Reputation fließen zum Beispiel.

:+1:

Das mit der Trava spielt eben genau wieder in die Richtung, dass wir verhindern müssen, dass wir eine Person-zu-Person-Übertragung der Trava haben. So können wir gewährleisten, dass die Community auch für gemeinschaftliche Projekte Trava zur Verfügung stellen kann, ohne, dass sie jemenschen abgezogen werden müssen… Auf diese Weise erschaffen wir und kollektiv die Möglichkeit grosse Projekte anreissen zu können, quasi ohne dass dafür ein einzelner Mensch bezahlen muss. Wenn die Tätigkeiten dazu tatsächlich erbracht werden, ist richtig Grosses möglich!

Das löst dann aber noch nicht, wie das Gewicht von so einem Projekt zustande kommen soll. Aber da gibt es sicher Lösungen dafür.