Bei der Modellierung von Konfigurationen in der Software bin ich auf ein Problem gestoßen: Wir wollen Bedürfnisorientierung aber ich weiß immer noch nicht genau, was ein Bedürfnis für uns eigentlich genau ist.
Ich meine jetzt nicht die psychologische Definition. Sondern das, was die Menschen in die Software eintragen.
Gebt mir bitte mal ein paar Beispiele für typische Bedürfnisse, die Menschen dort eintragen würden. Vielleicht löst das mein Problem schon. Wenn nicht, reiche ich die Details nach.
Hehe, das ist ein wirklicher Knackpunkt, den ich selbst gerne umschiffe.
Ich sehe als Bedürfnis immer alles, was man gerne hätte. Also sowohl die konkrete Kartoffel, als auch die dauerhafte Versorgung mit Kartoffeln. Der Umzug in eine größere Wohnung. Ein wöchentliches Straßenfest und auch die Ruhe vom Straßenlärm. Am Ende sehe ich auch die Sicherheit vor gewaltsamen oder sogar militärischen Überfällen als Bedürfnis. Gerade wünsche ich mir auch eine Jitsi-Erweiterung, was ich in dem Kontext ganz klar als Bedürfnis definieren würde.
Alles, was durch die Tätigkeit anderer gelöst werden kann. Das ist für mich das Ziel, aber ich sehe natürlich, dass sich damit schwer arbeiten lässt.
Interessant. Ich bastele mal ein bisschen daran rum.
„Ich hätte gerne eine Kartoffel.“ Naja, der Besitz alleine macht dich wahrscheinlich nicht glücklich, die Frage ist auch ein bisschen, was du damit vorhast. Also vielleicht „Ich möchte eine Kartoffel essen.“. (Das ist so eine Art Tätigkeit mit dir selbst.)
„Ich möchte regelmäßig Kartoffeln essen.“ (ähnlich wie oben, nur regelmäßig)
„Ich möchte in einer größeren Wohnung leben.“ (eine Art Zustand)
„Ich möchte in die größere Wohnung umziehen.“ (Tätigkeit)
„Ich möchte bei einem wöchentlichen Straßenfest mitfeiern.“ (Tätigkeit)
„Ich wünsche mir Ruhe vor Straßenlärm.“ (Zustand)
…
Ich füge mal hinzu: „Ich möchte gemütlich Abendbrot essen.“ (Tätigkeit)
So ordne ich das gerade. Nun mache ich zwei kleine Ergänzungen:
Ein Muster muss kein Resultat haben. Muster, die keine Resultate haben, sind Bedürfnismuster.
In einem Bedürfnismuster kann (muss aber nicht) der/die Bedürfnissteller*in selbst der/die „Tätige“ sein. In so einem Fall sind vor allen Dingen die Bedarfe relevant, die Beschreibung des Musters klärt, ob es zu einem Bedürfnis passt.
Mit diesen zwei Ergänzungen kann ich nun für jedes Bedürfnis passende Muster vorschlagen. Diese Muster ordnen sich dann vollständig nach der bisherigen Theorie in das Bedarfe-Mittel-Muster-Konzept.
Das löst folgende Probleme:
Ein Bedürfnis hat nun endlich mit einem Bedarf nichts mehr zu tun, es sind wirklich verschiedene Dinge.
Es gibt keine Unterscheidung mehr, ob ein Muster selbst oder das Ergebnis des Musters das Bedürfnis befriedigt.
Es macht sofort Sinn, dass mehrere passende Muster für ein Bedürfnis existieren können.
Ein Bedürfnis kann (über das Bedürfnismuster) mehrere Bedarfe erzeugen.
Meine Frage erst einmal ist: Würde die Zeichnung noch so stimmen? Also: steht das Bedürfnis noch alleine oder wäre jetzt, wie du es beschreibst, auch das vermittelte Bedürfnis B- Teil eines Musters? (und würde das einen Unterschied machen?)
Und: Wenn das Muster auch das konkrete vermittelte Bedürfnis nicht als Resultat hat, wie kann es dem Bedürfnis dann zugeordnet werden?
Was auf jeden Fall wichtig ist und zu oft in letzter Zeit untergegangen: Es gibt eben Tätigkeitsmuster, die ein Mittel als Resultat haben und Tätigkeitsmuster, die eine Bedürfnisbefriedigung als Resultat haben. Die Frage, um die es sich, soweit ich das jetzt sehe, dreht, ist, wo der wirkliche Unterschied zwischen beiden ist.
Ja, das Resultat ist die Befriedigung des Bedürfnisses. Das Muster hat eben kein Mittel als Resultat (alle anderen Muster schon).
Ja, die stimmt so.
Edit: Das dunkelgraue „M-“ und „M+“ mit dem Bezug zum Bedürfnis müsste weg. Das Muster befriedigt das Bedürfnis immer direkt.
So wie ich das augenblicklich sehe, ist genau das der Unterschied: Im Tätigkeitsmuster ist kein Mittelmuster als Resultat angegeben. Damit ist das Tätigkeitsmuster auch ein Bedürfnismuster, weil es eben nur zur Bedürfnisbefriedigung verwendet werden kann (und damit das Bedürfnis aus der Sicht der Befriedigung recht gut beschreibt).
Unsere Produktionsketten brauchen ja auf beiden Seiten einen Abschluss: Auf der einen Seite bilden Mittel den Abschluss (oder Muster ohne Bedarfe), auf der anderen Seite Muster, die Bedürfnisse befriedigen.
Sieht für mich so aus, als müssten wir uns nur noch auf die Wortwahl einigen. Die ist mir nicht wichtig, ich brauche nur die Struktur.
Okay, das ergibt Sinn. Am Ende heißt das also einfach: Das „oberste“ Tätigkeitsmuster ist immer eines, dessen Resultat die Befriedigung eines Bedürfnisses ist. Die (Re-)Produktionskette hört am oberen Ende nie mit einem Mitel auf. Stimmt das so?
Und begrifflich: Ich finde Mittel - und Bedürfnismuster hier nicht angebracht. Ein Mittelmuster (Muster eines Mittels) bezieht sich für mich nur auf das (wiederkehrende) Mittel selbst und nicht die Tätigkeit, die es verfügbar macht. Ein Bedürfnismuster (Muster eines Bedürfnisses (wenn es so etwas gibt - was ich denke, aber gerade wohl nicht relevant ist)) bezieht sich immer nur auf wiederkehrende Bedürfnisse und eben auch nicht auf die Tätigkeit, die es befrieidgt.
Wenn darin eine Tätigkeit beschrieben wird, unterscheiden wir zwei Arten von Tätigkeitsmustern: Tätigkeitsmuster, deren Resultat die Verfügbarmachung eines Mittels ist und Tätigkeitsmuster, deren Resultat die Befriedigung eines Bedürfnisses ist.
Die Grafik ist demnach insofern falsch, da das oberste Tätigkeitsmuster T1 nicht „B/M“ als Resultat hat, sondern unbedingt „B“ bzw. „B+“.
Schwierig zu definieren, weil Bedürfnisse von völlig abstrakt (Nahrung) bis ganz konkret (1 kg glattes Weizenmehl) alles sein können, und wenn man möchte, kann man auch zwischen Needs und Satisfiern unterscheiden. Ich habe auch leider keine konsistente Bedürfnistheorie.
Im Kontext von WoN meine ich meistens eine benötigte Ressource, Dienstleistung, oder Kooperation. Oben meinte ich: wenn ich mal so weit bin, dass ich ein Bedürfnis formal beschreiben kann, sodass ich in WoN dessen Befriedigung erreiche, dann ist diese Beschreibung bereits ein wertvolles Produkt. Jemand anderes kann mit viel weniger Aufwand diese Beschreibung nehmen, an seine Situation anpassen und als sein eigenes Bedürfnis posten.
Bedürfnismuster stelle ich mir als Vorlage vor, sozusagen mit Leerstellen, die ausgefüllt werden müssen (können), wenn aus der Vorlage ein konkretes Bedürfnis (vielleicht besser Bedarf genannt), instanziert wird.
Interessant. Das Tätigkeitsmuster Brot backen wäre wohl ein Muster zur Verfügbarmachung von Bedarfen, richtig? Kann ich eigentlich auch das Bedürfnis haben, Brot zu backen? Ich meine, ich hätte da echt Lust zu, ist mir völlig wurscht, ob mit dem Brot jemand was anfangen kann. Geht sowas?
… naja, im Grunde kannst du ja dann einfach ein Brot backen - da wäre ja hart, wenn dich da jemand daran hindert.
Wenn die verwendeten Mittel als Commons angsehen werden, ist es dann wieder eine Frage des sozialen Prozesses, ob jemand widerspricht, dass das Mehl z.B. dafür angewendet wird (wie es auch vorkommen kann, wenn jemand das entsprechende Bedürfnis vermittelt hat)
Ich denke aber tatsächlich - und ich glaube, das ist der Kern der Frage -, dass die Software nicht vorrangig dafür da ist und wir uns nicht groß damit beschäftigen sollten. In erster Linie ist die Software dafür da, dass vermittelte Bedürfnisse über Kooperationen mit Selbstzuordnung nach Fähigkeiten etc. pp. befriedigt werden können. Das ist eigentlich (für mich) worum es geht. Einfach Brot backen wollen kann man machen und vll auch das Tätigkeitsmuster natürlich als „Rezept“ nehmen, aber ich meine, das uns das eigentlich im Rahmen des Projektes nicht interessiert.