In Fortsetzung der Diskussion über Ausschlusskriterien hier nochmal ein Abriss:
Guiliana schrieb:
So, und nun zu unserer Preisfrage. Silke wollte wissen, wie wir vermeiden können, dass global-players sich in die Karte eintragen, weil sie irgendein nettes Projekt finanzieren, das 0,0001% ihrer Aktivitäten ausmacht und nur zu Werbezwecken dient. Ich habe die Frage an Jason Nardi gestellt, der das social network und Kartierungs-Plattform www.zoes.it mitgegründet hat und an den Interoperativitäts- Standards von ESS Global mitarbeitet (ESS steht für Soziale und Solidarische Ökonomie und Gobal steht für weltweite Kommunikation - genauer: Interoperativität - zwischen dezentralen Kartierungen).
Jason hat Folgendes geantwortet (meine Übersetzung):
Deine Frage impliziert die Annahme, dass es für die multinationale Konzerne und die großen Verbrauchermärkte interessant sein soll, auf einer Karte der solidarischen Ökonomie zu erscheinen. Ich drehe die Frage um: welche Kriterien wollt ihr anwenden, um eine Eintragung bzw. eine Eintragungsempfehlung zu validieren/ anzunehmen? Es wird nötig sein, in einem Dokument die Kriterien festzulegen, welche die Grenzen Eurer Vision einer solidarischen Ökonomie definieren.Bsp.: Umweltkriterien, soziale, wirtschaftliche Kriterien, Verwurzelung in der Region, Transparenz, Arbeiterrechte, usw.
Die Kriterien sollen nicht zu starr sein, aber klar und eindeutig, so dass es keine Zweifel geben kann, dass eine Supermarket Kette, die "globalisierte" Produkte verkauft, eine stark negative Auswirkung auf die Umwelt hat und die Mitarbeiter unfair behandelt (außerdem ggf.ihren Sitz in einer Steuer-Oase hat) per Definition nicht auf die Karte aufgenommen werden kann.
Welche Aufnahmemodalitäten wollt Ihr anwenden? Eine einfache Selbsterklärung (dass der Kandidat den Kriterien entspricht)? Eine online-Empfehlung?Oder, wie zoes und andere es tun,die Präsentation/Validieriung durch einen Hinweisgeber, der bereits zum Netzwerkgehört und für den neuen bürgt? Oder die “partizipative Bürgschaft” durch die ausdrückliche Befürwortung durch andere Mitglieder des lokalen oder des nationalen Netzwerks Solidarische Ökonomie (wie bei den Solidarischen Einkaufsgruppen – GAS – in Italien, die ihre Lieferanten bewerten?). Wie werden die Daten gefiltert? Kann man in der Datenbank Filter einbauen, welche die Kriterien einengen oder erweitern (z.B. nur Bio-Produzenten?), so dass verschiedene Karten je nach Bedürfnissen und Prioritäten der suchenden Person erstellt werden können?
Diesbezüglich empfehle ich Euch und ich bitte Euch sehr darum, das Papier über die Standards von ESS Global eingehend zu studieren, gerade weil es dafür gedacht worden ist, um all diesen Variablen gerecht zu werden.
Ich wünsche Euch viel Erfolg!
Das o.g. Papier mit den Standards von ESS Global habe ich übrigens auf dem Titanpad verlinkt: https://mapping-berlin.titanpad.com/1
Hier nochmal der Link: https://dl.dropboxusercontent.com/u/3492257/ESSglobal_interop_guidelines_2012_07_10-1.pdf
Brigitte schrieb:
Liebe Giuliana, liebe alle!
Niemand kann irgendjemanden daran hindern, sich auf der OSM einzutragen. Was auf eurer Karte angezeigt wird, hängt nicht davon ab, was jemand einträgt, sondern von eurem Filter. Auf eurer Karte werden vermutlich alle Einträge angezeigt, in deren Tag “solidarische Ökonomie” vorkommt. Jemand von euch sollte am besten den RSS-Feed von diesen Einträgen abonnieren, dann erfahrt ihr immer, wenn sich jemand neu einträgt. Ich halte es nicht für sehr wahrscheinlich, dass Firmen wie Adidas diesen Tag verwenden, weil er nicht besonders werbewirksam sein dürfte. Sollten sie trotzdem auf die Idee kommen, könnt ihr den Eintrag löschen mit der entsprechenden Begründung und an die Person schreiben, die das eingetragen hat und ihr erklären warum. Falls sich die Person noch einmal einträgt, sollte es in einem so eindeutigen Fall kein Problem sein, sie mit Hilfe der Community rauszukicken. Erinnert euch an die “ground truth” ;). Dass Adidas kein Unternehmen der solidarischen Ökonomie ist, sollte unter diese Kategorie fallen.
Grenzfälle wird es immer geben, mit denen könnt ihr so umgehen, wie mit anderen Unternehmen auch. Sie anschreiben, ihnen erklären, worum es geht, mit ihnen gemeinsam die Kriterien überprüfen und sie dabei unterstützen, sie zu erfüllen. Wenn sie das nicht wollen, werden sie hoffentlich selbst einsehen, dass sie diesen Tag löschen sollten. Im besten Fall bekommt ihr dadurch mehr Firmen, die sich für die Kriterien der solidarischen Ökonomie interessieren und sie auch erfüllen wollen.
Helmut schrieb außerdem:
Sehr guter Punkt, der an dem Wochenende noch nicht richtig zur Geltung gekommen ist, da es uns ja erstmal um die Texonomie ging.
Doch gerade aus diesem Grund halte ich es für essentiell die Gemeinwohlökonomie hier anzuwenden, da die ja dabei sind einen hieb und stichfesten Kriterienkathalog für Nachhaltigkeit auszuarbeiten. Wenn wir auch noch damit anfangen macht das nur in Bereichen sinn, die von der GWÖ nicht abgedeckt werden. Die GWÖ ist allerdings auch so offen, dass sie Dinge, die uns wichtig sind, in ihre Bilanz aufnehmen wird.
Die Anwendung einer Gemeinwohlbewertung könnte in zwei Schritten ablaufen:
- Besonders für kleine Initiativen, die nicht zu 100% auf Geld verzichten, bei denen man aber einfach glaubt dass sie gut sind (CSA…) , können 7 Einstiegsfragen gestellt werden, mit denen eine Grobeinschätzung in 10 min. möglich ist, wenn man sie ernsthaft und wahr beantwortet. Diese sieben Fragen könnten sich nach den 3 Säulen der Nachhaltigkeit richten. Sie können mit entsprechenden Siegeln belegt werden. Die Fragen haben wir uns bisher so überlegt: http://bildungsagenten.com/map/#fragen
- Bei großen Unternehmen die global aktiv sind reichen diese Pauschalen Werte natürlich nicht aus und daher kann von denen eine komplette Gemeinwohlbilanz eingefordert werden. Wenn sie keine machen wollen, wird ein Konzern eben nur so gut bewertet, wie der Kunde auf den ersten Blick nachweislich bewerten kann. Also vermutlich sehr schlecht, wenn das Unternehmen nicht transparent ist. Durch diese konsequente und transparente Bewertung wird ADIDAS sich gar nicht eintragen.
Vielen DAnk für das Dokument von SSEGlobal!
Silke schrieb:
Lieber Helmut und alle, wir haben das u.a. als es um die Taxonomie ging, schon sehr intensiv diskutiert, denke ich. Im Laufe des Wochenendes wurde mir - gerade auch durch die Erläuterungen von der technischen Seite - immer klarer, dass es eigentlich zu Brigittes Antwort oben nichts hinzuzufügen gibt. Wir können niemanden daran hindern, sich auf OSM einzutragen (so wie ja niemand daran gehindert werden kann, an der Wikipedia mitzuschreiben), aber wir können als communities überprüfen, ob Leute sich falsch taggen. Wie Brigitte schon schrieb: Wenn Adidas sein Kreuz bei SOLÖK macht (ich nehme halt mal an, keiner von uns trägt Adidas ein, sondern die machen das selbst); dann kann man das sehen und durch ein Kümmerersystem wieder entfernen.
Solch eine Plattform kann nicht dafür sorgen, dass wir das Gute “hieb- und stichfest” vom Bösen unterscheiden. Und das ist auch gut so. Einerseits, weil es “hieb und stichfesten Kriterienkathaloge” für diese Unterscheidung nicht gibt, andererseits weil sich dieses Gut und Böse in unterschiedlichen Kontexten verflüssigt / verschiebt.
Also nochmal: Wir alle können mappen - und alle anderen auch - und ich gehe z.B. davon aus, dass die community der SolÖk nur Dinge einträgt, die sie auch für SolÖk hält. Dann kann sie SolÖk (politische Identität) ankreuzen und man kan das jeweils ein- und ausblenden. Aber wir können auf OSM niemanden daran hindern, auch andere Dinge einzutragen, z.B. Restaurants. Lieber Gruß SIlke