Textreihe Teil 3: Plankonfiguration, Kontinuität (Kapitel 4-5)

Voilá, neue Kapitel!

Im pdf sind jetzt alle Kapitel (auch die darauf nachfolgenden) enthalten. Über Rechtschreib-/Grammatikkorrektur freue ich mich natürlich immer sehr. Und über inhaltliche Diskussion. Aber wenn alles passt, ist das natürlich auch cool.

https://marcusmeindel.files.wordpress.com/2020/10/03_swk_konfigurationsprozess.odt

Plankonfiguration

Plankonfigurationen sind besondere Momente innerhalb des Konfigurationsprozesses . Als geplante Konfigurationen gelten solche, bei denen der Prozess der Auswahl und Anordnung von Tätigkeiten nicht innerhalb, sondern außerhalb der Software-Vermittlung durch konkrete Personen vor sich geht. Diese Person bzw. diese Personen planen , wie eine Kooperation zu einem bestimmten Zweck – zum Beispiel der Verfügbarmachung eines Mittels – vonstatten gehen soll und integrieren ihre eigene Vorstellung schließlich in die Softwarestruktur. Im Gegensatz zu → integrierten Zusammenschlüssen , in welchen sich von Tätigkeitsmustern unabhängig in das ununterbrochene Commoning eingebracht wird, wird bei einer Plankonfiguration mit eben diesen Tätigkeitsmustern auf Softwareebene gearbeitet. Auf diese Weise bleibt auch diese Konfiguration – welche Teil größerer Konfigurationen sein kann – für alle Beteiligten transparent. Dagegen ist es auch die Schwierigkeit bei Plankonfigurationen, die Prozesse, die sich außerhalb der Software-Vermittlung wie selbstverständlich vorgestellt werden, in der Sprache von Tätigkeitsmustern auszudrücken.

Ein Zweck der Plankonfiguration kann es sein, der Softwarelogik eigene Vorstellungen entgegenzuhalten. Ein anderer Zweck von Plankonfigurationen kann sein, dass die Konfiguration nicht von Seite der Bedürfnisse, sondern von der Seite der Mittel aus gedacht wird. Also ein: „Wir haben gerade das und das zur Verfügung und es wird schlecht/steht im Weg; was können wir damit machen – also welche Bedürfnisse können damit befriedigt werden?“ Nach der Planung einer Konfiguration kann sich den Tätigkeiten entweder selbst zugeordnet werden oder diese werden, wie Tätigkeiten aus dem Konfigurationsprozess, allgemein vorgeschlagen und können in die persönliche Vorauswahl von Beteiligten übernommen werden. Da in Plankonfigurationen vorgeschlagene Tätigkeiten im jeweiligen lokalen Umfeld zumindest aus technischer Hinsicht weniger ideal zur allgemeinen Bedürfnisbefriedigung sein können als solche Tätigkeiten, die durch den Konfigurationsprozess vorgeschlagen werden, braucht es für die Beteiligten eine klare Markierung, was der Ursprung des jeweiligen Vorschlags ist. Bei Plankonfigurationen sollte außerdem eine optionale Beschreibung möglich sein, warum die Person, welche die Konfiguration geplant hat, diese Auswahl und Anordnung von Tätigkeiten als sinnvoll empfindet.

Die Markierung des Ursprungs ist ebenfalls für den → sozialen Prozess um die Verwendung von Mitteln notwendig. Es macht einen Unterschied, ob es heißt, dass das sich in der Verwendung aufbrauchende Mittel [ xy ] in einer Plankonfiguration zu diesem und jenen Zweck verwendet werden soll oder dasselbe Mittel in einem Konfigurationsprozess zu einem anderen Zweck verplant wurde, der zumindest aus technischer Perspektive daraus ausgelegt ist, möglichst viele Bedürfnisse mit einzubeziehen. Wie immer heißt das aber nicht, dass solche Entscheidungen zur Verwendung bestimmter Mittel unbedingt zugunsten der durch den Konfigurationsprozess vorgeschlagenen Lösungen ausfallen müssen – im sozialen Prozess, also der Entscheidungsfindung von Betroffenen, sind das lediglich Indikatoren.

Kontinuität

Eine arbeitsteilige bzw. eine auf komplexer Kooperation beruhende Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass einzelne Tätigkeiten tendenziell nicht nur auf die Befriedigung eines einzelnen Bedürfnisses abzielen, sondern möglichst viele Bedürfnisse mit einschließen. Würde der Webstuhl in etwa nur für die Produktion von soviel Leinengewebe aufgespannt werden, wie für eine einzelne Leinwand notwendig ist, dann würde sich der dafür aufgebrachte Aufwand in keiner Weise lohnen. Der Aufwand für diese Tätigkeit lohnt sich erst, wenn über die für die einzelne Leinwand notwendige Menge hinaus gewebt, also der Bedarf von noch mehr Bedürfnissen mit einbezogen wird. Ob das Resultat der Konfiguration dann eine Leinwand oder etwa ein Rock ist, ist dabei unerheblich, wenn in der entsprechenden Konfiguration der Bedarf nach Leinengewebe ansteht. Eine Tätigkeit, die über die Befriedigung eines einzelnen Bedürfnisses hinaus geht, wird folgend als kontinuierliche Tätigkeit bezeichnet. Innerhalb der Struktur des ununterbrochenen Commonings kann eine Tätigkeit dabei kontinuierlich werden, wenn mehrere Konfigurationen an dieser Stelle miteinander vereinigt sind . Eine Tätigkeit gewinnt dabei an → Wichtigkeit , je mehr Prozesse der Bedürfnisbefriedigung sie ermöglicht.

 

Vereinigung einzelner Konfigurationen

Wie kommt es dazu, dass Konfigurationen miteinander vereinigt werden? Das wichtigste dabei zuerst: Bedürfnisse sind immer individuell und werden daher auch nie als gebündelt betrachtet, selbst wenn in einer bestimmten lokalen Umgebung dieselben Bedürfnisse anstehen. Jedes Bedürfnis wird einzeln vermittelt (→ Bedürfnisvermittlung ), hierdurch wird konkretisiert, welche Mittel zur Befriedigung des Bedürfnisses verfügbar sein müssen und über den → Konfigurationsprozess wird für jeden nicht-verfügbaren Bedarf zur Bedürfnisbefriedigung die Tätigkeit vorgeschlagen, welche nach den der Software bekannten Informationen in der jeweiligen lokalen Umgebung am effizientesten das jeweilige Mittel verfügbar macht. Und angenommen bei all diesen gleichen Bedürfnissen in unmittelbarer lokaler Nähe fehlt es am selben Mittel – was insofern Sinn ergibt, da sie in lokaler Nähe zueinander sind – wird in diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit dieselbe Tätigkeit zur Verfügbarmachung dieses Mittels vorgeschlagen. Das heißt d ie selbe Tätigkeit wird von verschiedenen Positionen aus vorgeschlagen, die aber in relativer Nähe zueinander stehen. Aber auch jetzt, sind die Konfigurationen noch nicht vereinigt! Die Vereinigung der Konfigurationen – und damit auch die darauf folgende kontinuierliche Ausführung – geschieht erst durch den Prozess der Selbstzuordnung und ist abhängig von der Lokalität der Person, welche sich in das ‚ununterbrochene Commoning‘ einbringen möchte.

Zur Verdeutlichung: Angenommen wir haben eine sehr lange gerade Straße von 10km in welcher zehnmal das Bedürfnis nach ‚künstlerischer Auslebung‘ (#kA) vermittelt wurde, welches durch Pinsel, Leinwand und Farbe befriedigt werden kann. Das Bedürfnis ist jeweils im Abstand von etwa einem Kilometer voneinander vermittelt worden, Pinsel und Farbe stehen genügend zur Verfügung und über den Konfigurationsprozess stellt sich heraus, dass die altbekannte Tätigkeit ‚Herstellung einer Leinwand‘ (#HstLw) im lokalen Umkreis jeweils am effizientesten ist, um die Leinwand verfügbar zu machen. In diesem Moment, in dem sich noch niemand auch nur einem Bedürfnis davon angenommen hat, haben auch die vorgeschlagenen Tätigkeit en eine bestimmte Lokalität – und zwar die jeweils selbe, wie das vermittelte Bedürfnis. Und jetzt steht jemand am Ende dieser Straße, möchte sich in das ‚ununterbrochene Commoning‘ einbringen und durchsucht die lokale Umgebung nach Tätigkeiten, denen sie sich annehmen kann und will, hat allerdings seine Suche auf nur 7 km eingeschränkt. Falls ihre Interessen und Fähigkeiten die Tätigkeit der Leinwandherstellung einschließen, bekommt sie die entsprechende Tätigkeit in der ‚persönlichen Vorauswahl‘ angezeigt und dazu ebenfalls, dass dieser Tätigkeit in dem von ihr gewählten Umkreis sieben mal nachgegangen werden kann. Aus Zeitmangel oder weil ihr etwa nur eine bestimmte Menge des dafür notwendigen Bedarfs zur Verfügung steht, entscheidet sie sich dafür, vier der notwendigen Leinwände herzustellen. Das heißt, sie ordnet sich der Tätigkeit ‚Herstellung einer Leinwand‘ (#HstLw) in der Menge 4 zu. Und erst in diesem Moment und durch ihre Person werden die Konfigurationen vereinigt , da sie (voraussichtlich) der Tätigkeit kontinuierlich nachgehen wird, bis der Bedarf viermal gedeckt wurde. Falls nicht sämtliche für die Tätigkeit notwendigen Mittel vorhanden sind – es etwa wieder an Leinengewebe fehlt – wird dieser Bedarf allerdings nicht viermal vermittelt, sondern ein einziges mal mit der vierfachen Menge von ihrer Position aus.

Sich einer bestimmten Menge an Wiederholungen zuzuordnen, wird als begrenzte Selbstzuordnung bezeichnet. Bei einer unbegrenzten Selbstzuordnung dagegen wird sich allen notwendigen Ausführungen derselben vorgeschlagenen Tätigkeit in der gewählten Umgebung zugeordnet und außerdem wird die sich zugeordnete Person damit immer zuerst angefragt, wenn die Tätigkeit in einem Konfigurationsprozess wieder vorgeschlagen wird. Unabhängig davon, ob sie sich bisher nur zugeordnet hat, ob sie die Tätigkeit bereits ausführt oder ob sie sich nach mindestens einer Ausführung dafür bereit hält . Der Vorteil davon ist ein Moment der Stabilität . Die Person kann sich in etwa eine Werkstatt zu diesem Zweck einrichten und auch von der Software unabhängig kann bekannt werden, dass sich dort bestimmten Problemen angenommen wird. Die unbegrenzte Selbstzuordnung ist damit auch ein wesentlicher Moment zur Entstehung von →integrierten Zusammenschlüssen , denen sich im Verlauf der Textreihe noch im Detail angenommen wird und die ein Zusammenspiel von S oftware-vermittelten und nicht-Software-vermittelten Commoning ermöglichen.

 

Auswirkung der Kontinuität auf den Gesamtaufwand

Eine Konfiguration breitet sich in Tiefe und Breite aus, da unterschiedliche Mittel zur Befriedigung des Bedürfnisses benötigt werden. Unterschiedliche Konfigurationen werden zusammengeführt, wenn sich die benötigten Mittel verschiedener Konfigurationen untereinander überschneiden. Im Allgemeinen wird der Aufwand einer bestimmten Tätigkeit dabei höher, je mehr Bedarfen sich mit der eigenen Tätigkeit angenommen wird. Allerdings muss hier wieder unterschieden werden, zwischen Mitteln als Resultat, die aufgeteilt werden müssen (also die sich aufbrauchen), die gemeinsam genutzt werden können oder die sich beim T eilen vermehren. Wie sich je nachdem der Aufwand verändert wird insbesondere im Konfigurationsprozess bedeutend, wenn eben die Tätigkeiten vorgeschlagen werden, welche die geringste spekulative Gesamtdauer nach sich ziehen.

Inwiefern wirkt sich die Art des Mittels, welches als Resultat durch die Tätigkeit hervorkommt, auf den Aufwand dieser Tätigkeit bei der Vereinigung von Konfigurationen aus?

  1. Bei Mitteln, die aufgeteilt werden müssen („verbraucht werden“): Der Aufwand einer einzigen Ausführung kann schlicht mit der Anzahl an Wiederholungen multipliziert werden

  2. Bei Mitteln, die gemeinsam genutzt werden können: Der Aufwand wird ebenfalls schlicht mit der Anzahl an Wiederholungen multipliziert. Allerdings können Absprachen zwischen den Personen, welche das Resultat erhalten, zur gemeinsamen Nutzung getroffen und somit die Anzahl notwendiger Wiederholungen reduziert werden. Da es hier eben der Absprachen zwischen konkreten Personen bedarf, ist es problematisch im Konfigurationsprozess die spekulative Gesamtdauer einer einzelnen Konfiguration zu planen. Es braucht daher die Möglichkeit, dass die bedarfsvermittelnde Person in für die Software auslesbaren Bedingungen angibt, dass das benötigte Mittel auch mit anderen gemeinsam verwendet werden kann.

  3. Bei Mitteln, die sich beim teilen vermehren: Eine einzige Ausführung der Tätigkeit deckt den Bedarf sämtlicher Konfigurationen, die dieses Mittel benötigen. Auf die jeweilige Konfiguration bezogen, wird daher der dafür notwendige Aufwand immer geringer, wodurch zur Feststellung des Gesamtaufwandes einer Konfiguration der Aufwand einer solchen Tätigkeit schlicht durch die Menge der darauf verweisenden Tätigkeiten dividiert werden könnte. Das Problem allerdings: Tätigkeiten, die Resultate hervorbringen, die sich beim teilen vermehren, sind niemals Tätigkeitsmuster. Tätigkeitsmuster sind immer die Beschreibungen von Tätigkeiten, die sich im gesellschaftlichen Re-Produktionsprozess wiederholen – das heißt, die nicht einzigartig sind. Solche Tätigkeiten allerdings, die Mittel als Resultate hervorbringen, die sich durch Teilen vermehren (der Inhalt von Büchern, Methoden zur Konfliktlösung, Software, usw.), müssen niemals wiederholt werden, da nach ihrer Ausführung das Resultat offen und unbegrenzt verfügbar ist. Es handelt sich dabei um einzigartige Tätigkeiten, bei denen daher auch kein durchschnittlicher Aufwand festgestellt werden kann. Im Kapitel →zugeschriebene Anerkennung wird näher darauf eingegangen.

Ein Beitrag wurde in ein existierendes Thema verschoben: Textreihe Teil 3: Interaktion mit Vorschlägen und Abfragen, Festsetzen von Konfigurationen, Reparaturprozess

Ist das die Lösung für folgendes Problem?

  • Zur Verfügbarmachung eines Mittels M1a gibt es zwei Tätigkeiten, T1a1 (10 min) und T1a2 (20 min).
  • Für T1a1 wird ein Mittel benötigt, welches lokal nicht verfügbar ist und nur mit einer Dauer von 60 min beschafft werden kann. (Danach kann das Mittel allerdings 100 mal verwendet werden, ohne dass Erhaltungstätigkeiten notwendig werden.)
  • Wegen des geringeren spekulativen Gesamtaufwands für die einmalige Verfügbarmachung des Mittels M1a wird T1a2 vorgeschlagen.
  • Nun gibt es beispielsweise wöchentlich diesen Bedarf. Da wäre es eigentlich sinnvoll, T1a1 auszuführen und einmalig die höhere Gesamtdauer in Kauf zu nehmen – das rechnet sich ja ganz schnell.

Treffen solche Entscheidungen Menschen dann von Hand? Also via expliziter Planung?

Oder wird das im Kapitel „Kontinuität“ beschrieben, welches ich noch nicht gelesen habe?

Das wären die Auswirkungen der Kontinuität auf den Gesamtaufwand bei Mitteln, die gemeinsam genutzt werden können. Das ist im zweiten Teil des Kontinuitäts-Kapitels:

Bei Mitteln, die gemeinsam genutzt werden können: Der Aufwand wird ebenfalls schlicht mit der Anzahl an Wiederholungen multipliziert. Allerdings können Absprachen zwischen den Personen, welche das Resultat erhalten, zur gemeinsamen Nutzung getroffen und somit die Anzahl notwendiger Wiederholungen reduziert werden. Da es hier eben der Absprachen zwischen konkreten Personen bedarf, ist es problematisch im Konfigurationsprozess die spekulative Gesamtdauer einer einzelnen Konfiguration zu planen. Es braucht daher die Möglichkeit, dass die bedarfsvermittelnde Person in für die Software auslesbaren Bedingungen angibt, dass das benötigte Mittel auch mit anderen gemeinsam verwendet werden kann

Das ist, denke ich, die Schwierigkeit: Es muss klar sein, welche Mittel gemeinsam genutzt werden können. Wenn das klar ist, dann kann der Aufwand der Tätigkeiten, welche ein solches verfügbar machen, mit der Anzahl der anstehenden Verwendungen dividiert werden, wodurch diese Tätigkeit/diese Tätigkeiten im jeweiligen Konfigurationsprozess früher vorgeschlagen werden als eben Tätigkeiten, die für jede Verwendung neu ausgeführt werden müssen.

Das muss wahrscheinlich auch im Text klarer vorkommen, danke schonmal.

Und vielleicht wäre das dann auch nochmal was für den Reparaturprozess, so etwas herauszustellen.