Hier können Beispiele gesammelt werden, in welchen Bereichen Commons-Public-Partnership-Ansätze erkennbar oder gewünscht werden und welche Erfahrungen wir damit machen
Die „Lucie“, ein Urban-Gardening-Projekt in Bremen, das die Genehmigung bekommen hat, einen Platz umzugestalten und zu nutzen. Die Nutzungsvereinbarung mit der zuständigen Behörde hab ich mir mal angesehen, und auch ein paar Geschichten über die Entwicklung mitbekommen, die ich interesant fand. Es war eine sehr reflektierte und gut funktionierende Gruppe, deren Erfahrungen man evtl auswerten könnte. Ein bisschen was findet man hier: https://lucie-bremen.de/ueber-lucie/projektgeschichte/
Das „Torhaus“ am Tempelhofer Flughafen in Berlin (https://torhausberlin.de/). Es ist Teil der Initiativen, die nach dem Tempelhofer Feld auch das alte Flughafengebäude vor kommerzieller Verwertung retten und commons-orientiert nutzbar machen wollen. Sie können, auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Verwaltungsgesellschaft, die die Liegenschaften für das Land Berlin verwaltet, das ehemaligen Torhaus nutzen. Annette Jensen wurde ja im Protokoll erwähnt, sie wird vermutlich noch andere Aspekte von C-P-P im Zusammenhang mit dem ehemaligen Flughafen kennen.
„Solidarisch Wirtschaften im Werra-Meißner-Kreis“ - Protokoll von Workshop Januar 2021 folgt:
Die Region rund um Kassel ist die Geburtsstätte der Solidari- schen Ökonomie in Deutschland. Hier gibt es nicht nur viele erfolgreiche Beispiele gelingender solidarisch wirtschaften- der Initiativen, sondern auch viele Vordenkerinnen für die Solidarische Ökonomie. Mit diesem Workshop möchten wir nun einen Schritt weiter gehen. Beispiele wie Repair-Cafés, Umsonstläden, SoLaWis, gemein- same Ökonomien werden häufig gelobt und gelten als Pio- niere des Wandels für eine alternative Wirtschaftsweise. Sub- ventionen und Fördermaßnahmen fließen jedoch nach wie vor insbesondere an konventionelle profit- und wachstums- orientierte Unternehmen und Betriebe, die die Umwelt und das Klima zerstören und soziale Ungerechtigkeiten verschär- fen. Lokale Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsförderung sind bisher vor allem darauf angelegt, Investitionen anzulocken. Dabei sind sozial-ökologische Faktoren in der Praxis nach- rangig. Das wollen wir gemeinsam mit Euch ändern. Wir möchten mit engagierten Praktikerinnen und Vorden- kerinnen gemeinsam Bedarfe und mögliche Unterstüt- zungsmöglichkeiten durch lokale Institutionen formulie- ren und in einem anschließenden Workshop direkt mit den Entscheiderinnen aus Politik und Verwaltung über konkre- te Maßnahmen diskutieren. So wollen wir mit Euch einen Beitrag zu einer solidarischeren Wirtschaftsweise im Werra- Meißner-Kreis und darüber hinaus leisten und den notwen- digen Wandel anstoßen.
Es fragt sich für mich, ob alle herkömmlicher Kooperationen von öffentlichen Stellen/Staat mit Zivilgesellschaft (so zB bei freiwilliger Feuerwehr und Schwimmbädern in Bürgerhand) als „Commons-Public-Partnership“ bezeichnet werden können. Kriterien, die Meretz/Sütterlütti vorschlagen, sind ja zB die „Freiwilligkeit“, „kollektive Verfügung“ bzw. Vorhandensein einer Inklusionslogik. Im Nascent-Projekt ist die Rede gewesen vom „Grad der lebensweltlichen Wiedereinbettung“…
Schnelle: S. 181 ff. (aus: Commons: Die Neuerfindung der Allmende, 2020)
Defizite und Perspektiven der Verwaltung von Commons
Es lässt sich festhalten, dass mit dem Selbstverwaltungsrecht grundsätzlich die für eine effektive Commons-Verwaltung notwendige Dezentralisierung bereit steht. Eine Einbindung der Bürger – so sie denn nicht ohnehin der „stillen Auf- gabenwanderung von unten nach oben“ und anderen zunehmenden Verflech- tungen mit der staatlichen Verwaltung zum Opfer gefallen ist 77 – findet im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung jedoch allein auf einer abstrakten Ebene statt, Entscheidungen werden zudem meist autoritär getroffen. 78 Eine polyzentrale Governance setzt indes die eigenverantwortliche Regelsetzung je- der Einheit innerhalb eines konkreten Sachbereichs und ihre Interaktion mit anderen Ebenen voraus. 79 So wird im Naturschutzrecht eine Beteiligung der betroffenen Bürger und Institutionen durch das Kooperationsprinzip erreicht (§ 3 Abs. 3-5 BNatSchG). Eine ähnliche Wirkung erzielt die Rückkopplung an die unmittelbar Betroffenen durch Monitorings, wie sie etwa bei der Erneuer- bare-Energien-Gesetzgebung regelmäßig stattfinden. Diese Beteiligung ist je- doch insofern eine unvollkommene, als Entscheidungsträger einzig der Staat ist, der für den integralen Zusammenschluss der divergierenden Interessen steht.
Nach der von Ostrom aufgezeigten Lösung verspricht die unmittelbare Ein- beziehung der Betroffenen dagegen Produktivität und die nötige Akzeptanz der getroffenen Entscheidung. 80 Bei diesem Konzept drohen jedoch, die nicht ver- tretenen Interessen von Externalitäten und Minderheiten vernachlässigt zu wer- den. Zu ihrem sowie zum Schutz interner Personen vor Ausbeutung und Dis- kriminierung ist daher ein übergreifendes Rechtsregime erforderlich. 81 So wür- de der Staat tatsächlich allein den Rahmen der gesellschaftlichen Daseinsvor- sorge vorgeben. Zugleich kann er sich durch die Übertragung von gemeinguts- bezogenen Aufgaben auf die Bürger nicht seiner verfassungsmäßigen Verant- wortung entziehen. 3. Governance im Mehrebenensystem Verwaltungswissenschaftlich kann dieser Ansatz mithilfe der Governance- Theorie fundiert werden. Governance dient vor allem dazu, die Organisation eines durch Transnationalisierung und Globalisierung heterogenen Gefüges sowie ökonomische Formen der Selbstorganisation zu beschreiben. 82 Es geht dabei um aufgabenbezogene, nicht starre Institutionen, durch die mehr oder weniger autonome Akteure ihr Handeln koordinieren. 83 Durch das Zusammen- wirken privater und staatlicher Akteure und die Einbeziehung von nicht-staat- lichen Regelungsfaktoren hat der Staat seine zentrale Bedeutung als Inbegriff der Politik eingebüßt, 84 was zu einer zunehmenden Hybridität von Verwal- tungsstrukturen führt und die Grenzen von „öffentlich“ und „privat“ tendenziell verschwimmen lässt. 85 Dadurch entsteht eine „horizontal wie vertikal plurali- sierte“ Verwaltungsarchitektur, 86 die häufig als Netzwerk im Gegensatz zu ei- nem auf ein Zentrum fixierten System bezeichnet wird 87 – ein freilich in der Rechtswissenschaft ob seiner Offenheit nicht sehr beliebter Begriff, 88 der je- doch die über herkömmliches Systemdenken hinausgehenden interaktionisti- schen Regelungsstrukturen deutlich macht.
Kooperative Governance der Commons Auch der von Ostrom aufgeworfene Topos einer polyzentralen Governance lässt sich als Entwicklung eines akteurszentrierten Verwaltungsmodells hin zu einer die spezifischen Kooperationen in den Fokus rückenden Theorie institu- tioneller Regelungsstrukturen begreifen. 89 Ihr liegt damit eine besondere Rechtskonzeption zugrunde, die sich von der überkommenen Vorstellung einer Einheit von Staat und Recht mehr und mehr abkoppelt. 90 Indem Ostrom das „Design“ der Commons-Modelle untersucht, wendet sie ihren Blick weg von den zentralen Akteuren hin zu den institutionellen Strukturen. Die Lehre der Commons zeigt damit, dass die Enthierarchisierung im globalen Kontext auch auf regionale Gemeinschaften appliziert werden kann. Ein durch die Redundanz ihrer Vorschriften beförderter Wettbewerb der jeweiligen Struktureinheiten untereinander könne dabei durchaus innovativ wirken. Es gelte jedoch nicht, allein eine Pluralität von Akteuren, sondern eher die effektive organisatorische Einbindung der tatsächlich Betroffenen in die Entscheidungsprozesse zu ge- währleisten. 5. Demokratische Legitimation Wenngleich Governance-Strukturen nicht mehr den Staat als singulären Akteur kennen, führt dies nicht dazu, dass sie sich jenseits von Staat und Recht voll- ziehen können. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beanspruchen im Gegenteil weiterhin Geltung. 91 Die Governance von Commons vollzieht sich, wie dargestellt, durch ein Zu- sammenwirken von Bürgern, Interessengruppen, Technokraten und staatlichen Organen. Es fragt sich, ob die solchermaßen getroffenen Entscheidungen de- mokratisch legitimiert sind. 92 Ausgehend von dem Demokratieprinzip im Sinne legitimationsstiftender „Ketten“, 93 fällt es schwer, kooperative nicht-staatliche Regelungen als demokratisch zu akzeptieren. Bei entsprechender Bereitschaft, sich von herkömmlichen Legitimationsmustern zu lösen, 94 können jedoch neue nicht-lineare Demokratieprinzipien gefunden werden. So wird etwa für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung eine »autonome Legitimation« kon- struiert, deren Berechtigung sich aus Grundrechtspositionen 95 oder aus bloßer sachlicher Betroffenheit 96 ergibt. Als Legitimationskriterium dient dabei die effektive Erfüllung gesetzlich vorgesehener Sachaufgaben, die auch durch Plu- ralisierung der Verwaltungseinheiten gesichert werden kann. 97 Ostrom hält ein durch Bürgerbeteiligung komplexes mehrschichtiges Ver- waltungssystem für den Erhalt von Ressourcen für notwendig. 98 Jede Einheit legitimiere Entscheidungen durch einen kooperativen Prozess der Selbstregu- lierung, der Anregung in einer Interaktion mit anderen Einheiten findet. Dieses Konzept setzt jedoch voraus, dass sich Demokratie nicht allein im Repräsen- tationsprinzip erschöpft und nicht nur das Staatsvolk als Legitimationstopos anerkennt. 99 Wenn nur der parteien- und beamtenstaatlich generierte politische Prozess als demokratisch begriffen wird, 100 kann die Beteiligung betroffener Interessen keine Legitimation begründen. 101 Gerade bei den Commons gründet die Entscheidung jedoch auf einem sozialen Diskurs, der auch Voraussetzung des Demokratieprinzips ist, und erfährt durch Kooperation und Kommunikation Legitimität. 102 Hierdurch kann freilich, wie das BVerfG im Lissabon-Urteil dargelegt hat, 103 die durch Wahlen begründete demokratische Legitimation nicht ersetzt werden. Partizipative und assoziative Elemente, wie das Gebot, Bürgern und Verbänden die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten kommuni- kativ einzubringen, erhöhen aber insgesamt das Niveau demokratischer Legi- timation. Das BVerfG erkennt damit vor allem die integrative und Akzeptanz fördernde Rolle dieser Elemente an, betont jedoch zu Recht die Notwendigkeit normativer Ausgestaltung durch die dem Gleichheitsprinzip verpflichteten de- mokratischen Institutionen. 104 V. Kritik und Ausblick Der Commons-Theorie wird bisweilen ihre Illiberalität gegenüber den Betei- ligten aufgrund eines fehlenden exit vorgeworfen. 105 Diese Kritik wiegt aller- dings weniger schwer, wenn man im Sinne eines entwicklungsoffenen Demo- kratieprinzips die legitimationsfördernde Kraft von Bürgerpartizipation aner- kennt und gleichzeitig personell demokratisch legitimierte staatliche Akteure, die selbst jederzeit aussteigen können, 106 den nötigen normativen Rahmen für die Kooperationsstrukturen und getroffenen Entscheidungen vorgeben – sei es durch Gesetze, sei es im Wege öffentlich-rechtlicher Verträge. 107 Die eingangs dargelegte eigentumsrechtliche Zuordnung der Gemeingüter zu ihren Nutzern kann überdies für eine Homogenität der einzubindenden Gruppe sorgen 108 und einen Freiheitsraum für die Verwaltung der Gemeingüter schaffen. Die Forde- rung einer wissenschaftlichen und gesetzgeberischen Öffnung der Eigentums- freiheit hin zu einer befugnis- und gemeingutsorientierten Zuordnung gilt mit- hin gerade auch im Hinblick auf den nötigen rechtlichen Rahmen einer Governance von Gemeingütern. Hybride Governance-Formen sind wie gesellschaftliches Engagement für Gemeingüter bereits allgegenwärtig. Es gilt nunmehr, beides in rechtliche Bah- nen zu lenken. 109 Ostrom hat mit ihren Design Principles auf überzeugende Weise den Mythos der „Tragik der Allmende“ widerlegt. Nun müssen rechtli- che Kriterien für die Einbindung von Commons in Demokratie und Rechtsstaat gefunden werden. Voraussetzung hierfür aber ist, dass sich das Recht für neue Konzepte kooperativer Aufgabenwahrnehmung als entwicklungsoffen erweist. Es muss zum Schutz der Gemeingüter Strukturen bereit halten, die effektiv auf die jeweiligen Anforderungen zu reagieren vermögen. Gestaltet sich die eigen- tumsrechtliche Zuordnung und in der Folge auch die Governance der Gemein- güter als hinreichend flexibel, kann in der Neuerfindung der Allmende eine Chance sowohl für die soziale Gemeinschaft als auch für den Erhalt ihrer na- türlichen, kulturellen und sozialen Güter liegen.
Die „Region im Wandel“ wird augenblicklich maßgeblich von der Fuchsmühle mit vorangetrieben, soweit ich weiß.